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Neuschnee und Neuanfänge

Ich bin 2021 nach Bonn gezogen und damals hieß es ich werde hier im Winter nicht so häufig Schnee sehen wie vorher in Nürnberg. Doch letzte Woche war dann eine dichte Schneedecke auf den Straßen, angeblich gab es das in der Menge seit 14 Jahren nicht. Ich hab es nicht überprüft, klingt aber gut.

Ich bin zwar kein Wintersportler, aber ich mag den Schnee. Zumindest 1-2 Wochen lang darf er gerne alles hell, ruhig und irgendwie besonders machen. Am liebsten natürlich zu Weihnachten, aber wenn man das ausbrechende Verkehrschaos bedenkt ist Mitte Januar vielleicht sogar die bessere Wahl. Ich mag es, wenn es unter den Füßen knirscht und wenn die Schneekristalle glitzern und blinken wie tausende kleine Sterne. In diesem Moment war natürlich auch meine verstorbene Freundin (Verena) in meinen Gedanken, denn sie mochte vor allem das Knirschen, auch so gerne. An dem Tag war ich viel zu früh wach und bin dann um 6:20 eine Runde durch den Neuschnee spaziert.

Neue Gewohnheiten

Nicht nur der Schnee ist neu. Ich habe auch neue Gewohnheiten in mein Leben gelassen. Vielleicht sollte ich lieber sagen aufleben lassen. Denn es sind Gewohnheiten, die früher schonmal Teil meines Lebens waren und die mir gut taten.
Da wäre zum einen das Lesen. Klar, ich lese den ganzen Tag am Monitor und auch das eine oder andere Sachbuch. Aber ich möchte wieder explizit mehr Belletristik lesen, als Ausgleich und als Erweiterung meines Horizonts. Ich fing bereits Weihnachten damit an und begann mit Büchern, die zu den Lieblingsbüchern von Verena gehörten. Ich werde in einem späteren Beitrag mehr darüber schreiben, aber ich kann sagen, dass diese wiederentdeckte Gewohnheit den ersten Monat gut überstanden hat. Und das es sehr ambivalente Gefühle hervorrief Anmerkungen von Verena in einem der Bücher zu entdecken. Aktuell lese ich jedenfalls ein Buch, das sie nie gelesen hat (Torbjørn Ekelund – Gehen: Eine Wiederentdeckung). Ich möchte mich etwas von dem ständigen Erinnertwerden lösen.

Die zweite neue Gewohnheit ist das Krafttraining im Fitnessstudio. Ich war damals in Nürnberg bereits in… 4 verschiedenen Studios angemeldet und nur im ersten davon war ich wirklich langfristig regelmäßig. Es hat sich einfach gezeigt, dass es unheimlich wichtig ist, dass ich nicht erst lange mit ÖPNV oder gar dem Auto hinfahren muss, sondern dass der Besuch sehr niedrigschwellig sein muss. Ich habe mich jetzt trotz dem hohen Monatsbeitrags von rund 80€ für den Sport-Treff 2.0 entschieden. Beim Probetraining waren sowohl die Trainer als auch die anderen Mitglieder super nett und bunt gemischt. Und ich bin in 8 Minuten zu Fuß dort. Wenn es für mich ein Leben als regelmäßiger Fitnessstudionutzer gibt, dann schaffe ich es dort. Ich halte euch auf dem Laufenden und werde heute auf jeden Fall auch noch zum Training gehen.

Die dritte und vierte Gewohnheit, die wieder hinzugekommen sind, sind Brettspielrunden und neue Menschen kennenlernen, um mich mehr in Bonn zu verwurzeln. Letzten Sonntag kam beides zusammen, als ich hier zwei mir noch unbekannte Mitspielerinnen aus der Brettspiele-WhatsApp Gruppe hatte für eine Partie Arche Nova (BGG). Wir haben früher sehr gerne Brettspielrunden veranstaltet und es hat auch diesmal wieder Spaß gemacht und die Gesellschaft war sympathisch und unkompliziert (falls ihr das lest: danke für den einfachen Wiedereinstieg für mich). Das wird auf jeden Fall jetzt wieder öfter stattfinden mit wechselnden Gruppen.

Alte Schwierigkeiten

Aber es ist nicht alles zukunftsgerichtet und im Neustartmodus. Seit gestern ist Verena 2 Monate tot. Es fühlt sich, wahrscheinlich weil sie auch vorher 3 Monate quasi durchgehend in der Klinik und nicht mehr hier in der Wohnung war, sehr weit weg an. Und dann kommt nachts ein Traum, aus dem ich komplett verwirrt aufwache, weil er sich so echt angefühlt hat und mich die Realität dann niederschlägt. Und während ich das hier schreibe habe ich einen fetten Kloß im Hals. Ich habe noch nie einen so nahestehenden Menschen verloren und weiß nicht wie lange solche Phasen kommen werden. Der Reflex Sachen die ich gerade erlebt habe mit ihr teilen zu wollen ist noch präsent. Der Reflex den Duschkopf nach dem Duschen wieder “auf ihre Höhe” runter zu stellen, ist bereits verschwunden.

Nicht verschwunden sind die Anflüge von Panikattacken. Es wurde eigentlich besser und seltener, seitdem ich aber am 7. Januar am Grab war ist es wieder häufiger. Ich kann die Attacken meistens im Keim ersticken, und sei es, indem ich aus der Wohnung bzw. Situation flüchte und eine Runde spazieren gehe. Beim Spieleabend hatte ich die letzte Stunde auch immer wieder den Anflug dieser Nervosität und Unruhe, die sich dann aufschaukelt. Ich bin zweimal aufs Bad “geflüchtet” – so habe ich es dann durchgestanden. Ich glaube man merkt es mir von außen nicht an, in meinem Inneren herrscht dann aber Ausnahmezustand. Und ich wünsche mir, dass das bald wieder besser wird.

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