
und wieder alles anders, und wieder alles neu
Triggerwarnung: Text beschäftigt sich mit potentiell tödlichen Krankheiten, Tod, negativen Gedanken und Depression.
Ich saß vor einem Jahr schon einmal hier und habe diesen Blog eingerichtet und einen Text geschrieben. Damals begann das Jahr voller Optimismus und Vorfreude. Diesmal beginnt es mit Trauer und einer Leere, mit der ich versuche klarzukommen. Und ich will sie mit der Zeit mit Dingen zu füllen, die mir gut tun und mich wieder stabilisieren. Vielleicht ist eines dieser Dinge einen Blog zu schrieben – wir werden sehen.
Am 23. November 2023 ging mit dem Tod meiner Partnerin ein intensiver Lebensabschnitt zu Ende. Wir hatten uns Anfang 2020 durch einen glücklichen Zufall kennen gelernt und trotz 400Km Entfernung und Pandemie fanden wir zueinander. Im Jahr darauf beschlossen wir mit den Planungen zu beginnen zusammenzuziehen. Und einfach so nebenbei erhielt ich binnen 4 Wochen eine Ausnahmeregelung meines Arbeitgebers, dauerhaft im Home Office arbeiten zu können und binnen weiteren 4 Wochen hatten wir eine tolle und bezahlbare Wohnung in Bonn gefunden, während durch die Flut im Ahrtal gefühlt jeder zweite hier eine Unterkunft für einen betroffenen Freund oder Bekannten suchte. Das Zusammenleben lief gut, meine Partnerin konnte halbtags in einer Onlineredaktion arbeiten (Schreiben war eine ihrer Leidenschaften) und ich konnte aus dem Home Office auch gut arbeiten, sogar ein Kater durfte hier bei uns mit einziehen. Im August 2022 bekam sie dann die Diagnose Brustkrebs – tripple negativ, schnell wachsend aber früh erkannt. Es folgten Chemotherapien und Immuntherapien. Die hatten Nebenwirkungen, aber halfen. Wir kamen da schon ganz gut durch zusammen und alle Freunde halfen mit. Der Tumor wurde kleiner und kleiner, er war irgendwann nicht mehr optisch nachweisbar. Im Februar sollte die abschließende OP sein.
Eine Woche vor der OP hatte sie den ersten neurologischen Ausfall – Taubheitsgefühle, Sprachfindungsstörungen. Vielleicht die Aufregung. Einige Tage später erneut. Einen Tag vor dem OP Termin, bereits im Hotel vor Ort, wurde sie vom Notarzt abgeholt und man fand Metastasen im Gehirn. Wie geht man damit um, wenn man gesagt bekommt man sei unheilbar krank und man hätte noch ein paar Monate, vielleicht wenige Jahre? Die Antwort meiner Partnerin war: “kämpfen um doch wieder gesund zu werden”. Ich unterstützte sie so gut ich konnte. Und auch ihre Familie war unglaublich hilfreich dabei.
Die neue Chemotherapien, direkt ins Hirnwasser und auch systemisch, halfen… bis sie nicht mehr halfen. Ihr Zustand wurde Zusehens schlechter, doch sie blieb immer optimistisch und kämpferisch. Arbeit, Haushalt und Unterstützung meiner Partnerin erledigt zu kriegen, ließ wenig Raum für Dinge, die mir gut taten und meine Akkus auffüllen konnten. Vielleicht gestand ich mir auch diese Zeit nicht ausreichend ein, weil meine Ansprüche unrealistisch waren. Meine Kraft ging mir im Oktober aus. Ich litt an Panikattacken und depressiven Episoden, war nicht mehr fähig zu arbeiten. Ich werde meine letzten beiden Besuche im Krankenhaus bei meiner Partnerin wohl nie vergessen. Beim vorletzten Besuch konnte ich sehen, dass bei ihr auch angekommen war, dass die neue Chemo nicht helfen wird, sondern dass gerade alles entgleist und eben nicht wieder gut wird. Wenn ich jetzt daran denke schießen mir wieder die Tränen in die Augen… Beim letzten Besuch lag sie sediert auf der Intensivstation und ich verabschiedete mich von ihr.
Ich versprach ihr mich gut um den Kater und um mich zu kümmern.
Und wieder steht ein Neustart an. Mit viel Gewicht hinter mir herziehend, welches es Stück für Stück abzuschütteln gilt. Diesmal bin ich schon Mitte 40. Wenn ich “Neustart mit Mitte 40” google lese ich, dass mit Mitte 40 die Glückskurve wieder steigt. Das klingt vielversprechend.
